Es gibt Dinge, die lassen einen nicht los, auch wenn sich das Leben in eine andere Richtung entwickelt. Bei Thomas Grüner war es der Instrumentenbau. Schon als Schüler träumte der Weyarner von selbst gebauten Geigen. Er wollte das Instrument, das er mit Begeisterung spielte, auch herstellen. Doch weil er nach dem Abitur nur ein Praktikum, aber keine Lehrstelle ergattern konnte, entschied er sich für eine andere Variante der Holzverarbeitung und wurde Schreiner. Heute, 25 Jahre später, da er längst nicht mehr Schreiner ist, streichen die Finger des 44-Jährigen behutsam über die Saiten eines Instruments. Er hat es selbst entworfen, gebaut und natürlich spielt er es auch. Da liegt es, das Sandalphon.
Auf den ersten Blick erinnert es an Zither oder Hackbrett und ist auf den zweiten doch ganz anders. Rechteckig, etwa einen halben Meter lang, der Korpus konkav gewölbt. Warm schimmert das Holz: Zwetschge an den Seitenwangen, Fichte die Decke. Sorgfältig eingearbeitete Intarsien zeugen von der Liebe, mit der das Instrument gebaut wurde.
Er habe Musik wieder mehr in sein Leben integrieren wollen, erzählt Grüner auf die Frage nach dem Warum. Über die Klangtherapie kam der seit knapp 20 Jahren als Heilpraktiker tätige Weyarner wieder auf die alte Leidenschaft. „Ich war fasziniert, wie man mit Musik Menschen berühren kann“, sagt er. In seinem Sandalphon, das nach einem Engel aus der Mythologie benannt ist, sieht er sein handwerkliches Können als Schreiner und sein Wissen in der Naturheilkunde optimal miteinander verknüpft. Inspiriert vom Monochord, einem einsaitigen langen Zupfinstrument aus der Zeit von Pythagoras, und den Klangkörpern des Chiemgauer Musiktherapeuten Christoph Linnhuber, zog sich Grüner in die Werkstatt.
Dass das Projekt Bauchharfe auf Anhieb gelang, verdankt er auch dem Schreiner-Wast. Sebastian Mayr aus Untergrünberg bei Fischbachau ist selbst Geigenbauer und eine Koryphäe. Gerade beim Innenleben des Instruments sei der erfahrene Schreinermeister eine große Hilfe gewesen. Heute dauert es etwa eine Woche, bis Grüner aus langjährig abgelagerten Tonhölzern - heimische Harthölzer verleihen dem Korpus besonderen Klang und Stabilität -, Zitherwirbeln und zweierlei in einer Saitenspinnerei hergestellten Saitentypen ein Sandalphon herstellt.
Die Freude, die ihm dieser kreative Prozess macht, teilt Grüner bei Instrumentenbaukursen. In einer Art Bausatz hat der musikalische Tüftler, unter dessen Händen auch Trommeln und allerlei Klanginstrumente entstehen, alle notwendigen Einzelteile zusammengestellt. Fertig ist die Bauchharfe. Schön, wohlklingend und spielfertig. Dafür müsse man nicht einmal besonders handwerklich begabt sein.
Spielen lässt sich das handliche Instrument mit der großen Klangfülle grundsätzlich überall. Dass es durch Ausprobieren und Improvisieren „schnell erlernbar ist, ohne Quälerei mit Noten und Disziplin“, macht den Reiz aus. Und wie der Name nahelegt hat die Bauch-Harfe auch eine Besonderheit: Als therapeutisches Klanginstrument wird sie jemandem auf den Bauch oder Rücken gelegt und dann gespielt. So übertragen sich die an 37 Saiten angeschlagenen, klaren Töne durch leichte Vibrationen auf den gesamten Körper.
„Es fühlt sich wirklich gut an“, das ist die vorherrschende Meinung derer, die sich schon unter das Instrument legten. Was Grüner umso mehr freut, weil es sich dabei meist um alles andere als esoterisch angehauchtes Publikum handelte, das bei Veranstaltungen wie dem Fischbachauer Ostermarkt in den Genuss einer Klangmassage kam. „Das positive Feedback hat mich überrascht und motiviert“, sagt er und erzählt von den wissenschaftlich erwiesenen Wohltaten des Klangs, etwa die Muskelentspannung. (sie)
Quelle:
Miesbacher Merkur v.21.11.2013
http://www.merkur-online.de/lokales/miesbach/holzkirchen/klangmassage-bauchharfe-3233437.html?fb_action_ids=392375297561529&fb_action_types=og.recommends&fb_source=aggregation&fb_aggregation_id=288381481237582